Schulorganisation: Erfahrungen und Tipps für die Ankunft neuer Schüler*innen

Vernetzung Aktuelles Ukraine
Hallo zusammen, 
nachdem ich meine Erfahrungen in der FoBi geteilt habe, freue ich mich sehr auf eure Erfahrungen, Ideen und Impulse zur Schulorganisation bei der Ankunft von Flüchtlingen. 
Beste Grüße und schon jetzt vielen Dank!
Stefan
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MH
Ich leite seit 4 Wochen eine Willkommensklasse in unserer Mittelschule. Meine Muttersprache ist russisch und es hat gut geklappt mit unseren 9 Schülern. Jeden Tag gibt es 2 Stunden Deutsch, dann dürfen die Kinder mit Hilfe eines Chrombooks ( jeder Schüler darf es in der Schulzeit benutzen) ihre Fächer in Ukrainisch haben. Bei den praktischen Sachen ( Kunst, Sport, Kochen und Technik) sind sie dabei, sonst haben sie den Zugang zu den digitalen Schulbüchern in Ukrainisch.  Die Eltern haben die Möglichkeit, uns jede Zeit per edupage z kontaktieren.  Wir haben eine Mutter als Ansprechpartner und kommunizieren so mit allen Familien.  Es läuft relativ gut bei uns, die Kids sind angekommen und haben uns vor den Ferien das Feedback gegeben, dass sie sich wohlfühlen.  Das ist auch unser Ziel: Integration,  gute Gemeinschaft, Deutsch und das weitere Lernen in ukrainisch. 
Vielen Dank für die Eindrücke und Erfahrungen. Können Sie uns einen Einblick geben, welches die größten Unterschiede zwischen der deutschen und der russischen Sprache sind? Wie ist es mit der Satzstruktur? Ich denke, dass hilft einigen von uns bei der Nutzung von Übersetzern. 

AK
Eine kleine Bemerkung: die Schüler aus der Ukraine können oft nicht nur Ukrainisch, sondern auch Russisch, was irgendwie einfacher sein kann. Wir (DaF online) hatten ein komisches Problem, dass Schüler aus verschiedenen Schulen verschiedene ukrainische Terminologien beherrschen, und dann versuchte ein russischsprachiger Lehrer ihnen deutsches Kasussystem zu erklären.
Danke für deine Bemerkung. Das hilft bestimmt weiter und bringt bei mir zumindest etwas Licht ins Dunkeln. 
AK
Danke nochmals dafür, was Sie machen!
Und noch ein paar Worte über die Sprachen (ich bin nämlich russischsprachige Linguistin und unterrichte Deutsch als zweite Fremdsprache, deshalb kenne ich eher die andere Seite des Problems):
meiner Meinung nach besteht das Hauptproblem mit der russischen (oder ukrainischen) Sprache in der freien Wortfolge, weswegen ein wesentlicher Anteil der Bedeutung auf die Intonation verlegt wird, sodass man genau das Gegenteil von dem wörtlich gesagten meinen kann.
Zum Glück sind aber alle ostslawische Sprachen flektiv, also gibt es keine Gefahr die Wortarten zu verwechseln, aber da muss man achten, dass die verwendeten Online-Übersetzer direkt übersetzen und nicht über Englisch.
Außerdem würde ich empfehlen, mündlich nicht zu viele trennbare Verben zu verwenden, weil man da schnell den Faden verliert (und den Satz falsch versteht), dafür lieber mehr Internationalismen und Anglizismen, die wir auch im Überluss haben.
Was in der russischen Sprache wesentlich seltener als in der deutschen zu treffen ist, sind Passiv und Konjunktiv, deshalb kann es bei deren Gebrauch auch zu Schwierigkeiten kommen.
Und noch eins: auf routinierte Floskel oder Anweisungen reagieren die Schüler oft richtig, aber ohne sie wirklich zu verstehen, deshalb sollte man darauf achten.
Liebe Frau Kadykova, 
Vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Ich denke, dass diese Hinweise nicht nur mir helfen. 
Beste Grüße
AK
Lieber Herr Lesch,
es gibt auch das Buch "Das mehrsprachige Klassenzimmer: Über die Muttersprachen unserer Schüler" - dort werden die Besonderheiten der Russischen und Ukrainischen Sprachen viel ausführlicher beschrieben. Hoffentlich findet jemand diese Informationen auch nützlich.
Liebe Grüße


Vielen Dank für die Literaturhinweis! Das wird sicherlich vielen weiterhelfen. 
Beste Grüße
SH
Hallo zusammen, 
ich habe die Erfahrung gemacht, dass es erst einmal sehr wichtig ist, ein Elterngespräch mit Dolmetscher zu führen. Das ist ergiebiger und persönlicher als mit Übersetzungs-APPs. Die Eltern waren so dankbar, dass sie so viele Fragen stellen konnten und mir als Lehrkraft ging es genau so. Seitdem funktioniert alles viel besser und einfacher, da viele grundlegende Fragen geklärt werden konnten. 
AT
Diese Erfahrung habe ich als DaZ-Lehrperson auf der Oberstufe auch gemacht. Elterngespräche, welche so rasch wie möglich "live" durchgeführt werden, sind in allen Bereichen eine enorme Bereicherung. Ebenso ist eine möglichst rasche Teilintegration in eine zukünftige Regelklasse, mit DaZ-Unterricht, optimal. So lernen die DaZ-Schüler*innen ihre zukünftigen Klassenkolleginnen der Regelklasse von Anfang an kennen und nicht erst nach ein paar Monaten.
KG
Ich als KLP mit einigen DaZ Schüler*innen kann das nur bestätigen. Elterngespräche mit Übersetzer*innen "face to face" bringen enorm viel und sollten beim Eintritt in die Schule stattfinden.  Übersetzungs- Apps sind für diese Gespräche zu unpersönlich. Für die schriftliche Kommunikation mit den Eltern sind Apps geeignet. Eine frühzeitige Integration in die Regelklasse hat sich bei mir aus Erfahrung immer als sehr positiv erwiesen. 
Bestätigen kann ich das auch nur, jedoch ist es häufig schwierig einen Übersetzer/eine Übersetzerin zu bekommen, gerade weil dafür einfach keine Mittel zur Verfügung stehen und meist nur über Vitamin-B solche persönlichen Treffen inkl. Übersetzer realisiert werden können. Wir in der FoBi angesprochen, kann manchmal der Förderverein oder eine Stiftung helfen. 
SV
In der Vorbereitungsklasse, in der ich das Fach Mathematik unterrichte, weisen die ukrainischen Schülerinnen und Schüler eine ausgeprägte Heterogenität in Bezug auf das Sozialverhalten auf. Einige Lernende sind hoch motiviert, die deutsche Sprache zu lernen und sich auf das Leben in Deutschland einzustellen; andere zeigen daran absolut kein Interesse und bleiben lediglich unter sich. Mehr noch: Anstatt sich innerhalb ihrer Regelklassen zu integrieren, sorgen sie bei den anderen Schülerinnen und Schülern für Unmut, indem sie bspw. die Schultoiletten verschmutzen oder sich über andere Schülerinnen und Schüler lustig machen.
Welche Tipps und Tricks gibt es Ihrerseits für eine gelingende Integration in die Regelklassen und eine Motivationsförderung dieser Schülerinnen und Schüler?